Ein verlängertes Wochenende am Atlantik

Das verlängerte Wochenende soll für eine Tour durch Frankreich genutzt werden, die Wettervorhersage passt mit 30 grad auch.

Am Donnerstag mittag, als der Passagier kommt, steht die Maschine getankt bereit. Ich war am Vormittag aus Dinslaken zurückgekommen, wo eine Reparatur des Bugrads durchgeführt worden war. Als Ziel wird die Atlantikküste angepeilt, ein kurzes Telefonat mit dem Flugplatz auf der "Ile de Yue" gibt die Gewissheit, das man kommen kann.

Damit muss nur noch der Flugplan aufgegeben werden, gegen 12:20 kann's losgehen.

Die erste Etappe führt unter dem Anflug von Basel hindurch nach Westen, als Ziel war nördlich von Dijon angegeben. Der Platz ist mit seinen grossen gekreutzten Bahnen sehr einladend. Am Boden treffen wir eine Gruppe UL Fliegen, welche auch auf Tour sind, es wird Mittagspause abgehalten. Zu den abgestellten Trikes kommt die Bemerkung: "Mit diesen *Heugumpern* (allemanisch: Heuschrecken) kann man auch Touren ? Nicht schlecht !"

Der weitere Flug führt über Zentralfrankreich westwärts. Besonders fallen die schönen Schlösser auf, von denen es zahlreiche zu bestaunen gibt. Nach mehreren Dutzend relativiert sich das Staunen dann wieder. Ebenfalls auffällig ist, das die Franzosen noch genügend Platz haben, es gibt noch Waldgebiete, ist sich ohne Unterbrechung bis an den Horizont ausdehnen.

Die Sicht ist gewaltig, nachdem man die Küste von weitem erkennen kann, ist auch bereits die Insel erkennbar. Das GPS zeigt eine Entfernung zum Ziel von 70 km an. Der Luftraum zwischen der Küste und der Insel ist ein Sperrgebiet, weshalb die Durhchflugfreigabe bei  Nantes Information eingeholt werden muss.

In einer konfortablen Höhe von 6000 ft (2000m) werden die ca.20km Wasserstrecke überquert. Über der Insel angekommen, wird ein steiler Sinkflug eingeleitet. Um die Insel herum Richtung Norden liegt der Flugplatz. Die Antwort des Kontrollers ist unverständlich - also die Augen auf und den Anflug fortsetzten. Bis zur Landung kommt nichts mehr im Funk, also runter. Das Aufsetzen wird durch den böhigen Seitenwind eine Knüppelübung (man muss ordentlich knüppeln). Die Abstellflächen vor dem Turm sind erschöpft, die Insel scheint ein bei französischen Piloten beliebtes Ausflugsziel zu sein.

Auf der kleineren Graslandebahn steht schon eine ganz Reihe abgestellter Flugzeuge. Also stellen wir uns in eine Lücke und binden die Maschine fest. Anschliessend erkundigen wir uns auf dem Turm nach Übernachtungsmöglichkeiten. Antwort: keine Chance, die Insel ist voll ! Nachdem wir den Mann bedückt anschauen, fragt er vorsichtig ob wir den ein Zelt dabei hätten ? Nach unserem Ja kommt der Hinweis, dass Zelten hier verboten sei - aber er habe nach 20:00 Feierabend und was dann passiere würde er ja nicht sehen...

Also lassen wir uns von einem Taxi in den Ort fahren. Der Hauptort "Port Joinville" der Insel ist mit dem Hafen ein lebhaftes Dorf, Touristen tummeln sich. Die Hauptattraktion sind die Radwege, die rund um die Insel führen (die Umrundung wird mit 30km angegeben). Bei der Fahrradvermietung kommt die Ernüchterung: man möchte als Kaution 3000,- EUR hinterlegt haben !! Daraufhin beschiessen wir erstmal gepflegt Essen zu gehen (Moulles und Rotwein) um anschliessend die ca. 4 km zu Fuss zum Flugplatz zurückzugehen.

Der Spaziergang wird mit einem wunderbaren Sonnenuntergang belohnt, als wir ankommen steht die CT inzwischen alleine auf der Landebahn. Da es langsam dunkel wird, lassen wir's dabei um bauen unter der Tragfläche das Zelt auf. Die Nacht wird kalt und feucht, es kühlt unter 10 Grad ab und bei der hohen Luftfeuchtigkeit bildet sich Tau. Am morgen zieht Nebel auf. Wir beschliessen die Insel zu Fuss zu erkunden und laufen an der Nordküste entlang in dem Ort zum Frühstücken.

Der gemütliche Spaziergang gibt einen angenehmen Perspektivenwechsel zu dem Flug des vergangenen Tages (2 Stunden für die 7 km Küstenweg zu den 4 Stunden Flug quer durch ganz Frankreich). Gegen Mittag gehen wir nach der Besichtigung der Zitadelle zurück zum Flugplatz. In dem Nebel gab es einige vereinzelte (kleine) Aufhellungen, aber real betrachtet ist es kein Flugwetter. Der Turm ist nicht besetzt, inzwischen sind aber ein paar Leute da. Die anderen möchten mit einer Cessna 172 wegfliegen und haben bereits Wetter eingeholt.

Der Flugplatz Nantes meldet "Oscar", also bestes Wetter, hier ziehen wieder Nebelschwaden vorbei. Ich schätze die Wolkenuntergrenze auf ca. 150m und Locher hat es keine. Nach einiger Beratung ist südlich eine helle Stelle in der Nebeldecke zu sehen, wir beschliessen, uns das aus der Nähe anzusehen.

Als wir zum Start rollen, verfolgen uns die Blicke der C172 Flieger. Nach den Start bleibe ich in Bodennähe und hohle Fahrt auf. Etwa auf Höhe der Halbbahnmarkierung wende ich steil um 180 Grad, die Untergrenze ist tiefer als geschätzt. Die Wendingkeit der CT ist jetzt ein klarer Vorteil, die Wende
gelingt auf kleinstem Radius, mit der Landebahn ständig im Blick. Als ich in Richtung Süden aufrichte, kann ich bereits ein Stück blauen Himmel erkennen, nach einem kurzen Moment sind wir über dem Nebel. Der südliche Teil der Insel ist frei, ein Loch von etwa 5 km Durchmesser, ansonsten ist es bis zum Festland geschlossen. Ich nehme Kontakt mit Nantes Information auf und steige. Die Kontrollerin erkundigt sich gleich nach dem Wetter auf der Insel, um die Info an andere Piloten weitergeben zu können.

Nach einem halbstündigen Flug erfolgt die Landung in La Roche zum tanken. Der riesige Flugplatz ist nicht besetzt und es muss zuerst jemand gesucht werden, der uns die Tankstelle freischalten kann. Nach einigem Suchen werden wir bei Fallschirmspringerclub fündig. Ein älterer Herr der sich fluchend über die Towermanschaft (welche geschlossen im Urlaub sein) auslässt, hilft uns schliesslich beim Tanken. Wir wollen ins Landesinnere und nochmal Station machen, als Ziel wird Bourgs ausgesucht. Ein ruhiger Flug bei schönem Sommerwetter, auf der 2 1/2 stündigen Strecke kreuzt nur eine Gruppe Segelflieger unseren Weg. Unten ziehen (für die aus Deutschland gewohnten Verhältnisse) riesige Agrarflächen vorbei. Es wird geerntet, ganze Staffeln von Mähdreschern arbeiten parallel.

Der erste Kontakt mit Bourg - soweit alles klar. Als ich mich im Gegenanflug melde, kommt die Nachfrage vom Turm, ob die D-MRJK ein "ULM" (Ultraleicht) sei ? Diesmal klappt der Trick, bei der Frage nach dem "Type of Aricraft" mit "C T this is similar to a C152" zu antworten, nicht geklappt. Der Controller ist schliesslich stur und es kommt ein patziges "ULM are nit cleared to land at Bourgs" zurück. Das, obwohl der Platz im Führer der franzüsischen UL - Platze aufgeführt ist. Wir beschliessen mit einem "Du mich auch" zu antworten und fliegen weiter.

Als Ausweichplatz wird Never, etwas 30km weiter östlich ausgesucht. Dort finden wir einen schönen unkontrollierten Platz (es gibt niemenden am Funk) vor und können auf einer grossen Rasenfläche festmachen. Als wir gerade am ausladen sind, kommt ein freundlicher Franzose zu uns und interessiert sich für den Flieger. Er spricht weder deutsch noch englisch, wir kein Französisch, die Verständigung klappt trotzdem prima. Wir fragen schliesslich nach einer Möglichkeit in die Stadt zu einem Hotel zu kommen. Nach einigem hin-und her mit Suche nach nach einer Telefonzelle (leider nur mit Telefonkarte) fährt der Mann uns schliesslich direkt in ein schönes Hotel mitten in der Stadt. Zum Dank laden wir ihn noch in die Bar zu einem Bier ein.

So erfahren wir auch, was wir hier alles anschauen können. Als Abschluss des Tages kommen wir in ein Strassenrestaurant in der Innenstadt. Am nächsten Samstag ist Sightseeing angesagt. In kurzen Entfernungen gibt es viel historisches Gemäuer zu sehen, vom Kloster der Bernadet geht es an der Kathedrale vorbei, zur Loire. Eine Besonderheit sind die Prozellanarbeiten, die im Museeum ausgestellt werden. Es gibt mannshohe Karaffen aus dem Mittelalter mit filigranen Mustern zu sehen.

Gegen Abend machen wir uns Richtung Flugplatz auf, der Flug nach Bremgarten wird diesmal südlich an Dijon vorbei geplant. Ein gemütlicher Flug mit viel Ausblick in schönem Wetter.Nach 2 Stunden gibt es bei der Landung noch ein schönes Foto vom Schatten der CT.
 
 


Quer durch Frankreich mit Zwischenstop bei "Heugumpern"


Immer wieder Schlösser - und Waldflächen bis zum Horizont


An der Atlantikküste sieht man bereits die Insel


Anflug aus grosser Höhe


Sinkflug zur Insel


Entlang der Küste - im Norden ist die Landebahn


Im Anflug über die Felsenküste


Zelt aufbauen bei Sonnenuntergang - am nächsten Morgen ist es neblig über dem Meer


Über der Insel das einzige "Loch" in der ansonsten geschlossenen Wolkendecke



Sightseeing in Never


und an der Loire


Flugplatz Never und das Kloster der Bernadette


Über die Weiten Frankreichs


Bis zum Jura - dann Landung in Bremgarten


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